Uwe Redler
Redakteur
Menschen glauben Studien. Auch wenn viele Tatsachen vom gesunden Menschenverstand her einleuchtend sind, ignorieren die meisten die Fakten. Erst, wenn in einer Studie festgestellt wurde, dass es so ist, dann nehmen sie es ernst. So ist es vermutlich auch bezüglich der Qualität der Finanzberatung in unserem Land.
Sicher – ich kann Ihnen hundertmal sagen, dass Bankberater und Versicherungsvertreter hauptsächlich ihre eigenen Interessen verfolgen. Sie müssen mir das nicht glauben, auch wenn diese Tatsache mit gesundem Menschenverstand leicht nachzuvollziehen ist. Denn schließ lich sind diese Finanzvermittler ihrem Arbeit- bzw. Auftraggeber verpflichtet. Gut, vielleicht denken Sie, dass es ja trotzdem Profis sind und Sie dennoch gut beraten werden.
Das mag vielleicht im einen oder anderen Einzelfall stimmen. Dennoch ist diese Denkweise im besten Fall gutgläubig, von Ihnen, im schlimmsten Falle fahrlässig. Denn damit gefährden Sie Ihre Altersvorsorge, Ihre mühsam ersparten Finanzen, mit denen Sie sich einen komfortablen Lebensabend sichern wollen. Dazu zählt für mich auch, wenn Sie mehr in eine Krankenversicherung zahlen als notwendig oder wenn Ihre Fondsmanager laufend neue Umschichtungen vornehmen. Selbst, wenn Sie Gewinne erzielen, müssen Sie dafür blechen, was wiederum von Ihrer Rendite abgeht.
Falls Sie immer noch an meinen Aussagen zweifeln, überzeugt Sie vielleicht die Studie der Verbraucherzentrale Baden Württemberg. Neuerdings sind nämlich die Verbraucherzentralen zuständig, Finanzprodukte und digitale Dienstleistungen zu überwachen. Sie fungieren als Frühwarnsystem für dubiose Angebote auf diesem Gebiet. Mal ganz nebenbei die Frage an die Politik: Könnte man dann nicht die Bafin abschaffen? Die „Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“ hat in den letzten Jahren mehr Schaden angerichtet als Nutzen gebracht. Dazu lesen Sie mehr im Beitrag „Deckmantel Finanzaufsicht – zum Schaden der Anleger“. Hier geht es zum Beitrag:
Aber zurück zur Studie. Die Baden Württembergische Verbraucherzentrale, im o.g. Projekt zuständig für Geldanlage und Altersvorsorge, hat dazu mehr als 4000 Anlageprodukte und
-angebote untersucht.
Die Ergebnisse sind erschreckend und sollten die betreffenden Banken, Versicherungen und Finanz„experten“ vor Scham im Boden versinken lassen. Davon kann aber keine Rede sein …
Insgesamt satte 95 % der Investmentprodukte, die den Kunden in letzter Zeit zum Kauf empfohlen wurden, zeigten sich bei genauerer Betrachtung als nicht bedarfsgerecht – ob Fonds, Versicherungen oder andere Investitionen und egal, ob bei Banken, Sparkassen oder anderen Anbietern. Das verkündete der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Nicht bedarfsgerecht bedeutet, dass die Produkte zu unrentabel, zu teuer, zu riskant oder zu unflexibel waren – oder gleich mehrere davon. Der häufigste Grund der negativen Beurteilung waren mit 87 % zu hohe Kosten und mit 55 % mangelnde Flexibilität.
Auch bestehende Anlagedepots kamen bei dem Test nicht gut weg. Etwa 3500 Finanzprodukte auf Konten und Depots der Kunden wurden überprüft – fast die Hälfte (45 %) davon entsprach nicht dem Bedarf der Kunden. Vor allem waren die Produkte aus Sicht der Verbraucherschützer zu teuer (52 %) oder lieferten eine zu geringe Rendite (53 %). Wenn man berücksichtigt, dass bestimmte Produkte bei einzelnen Anleger gehäuft vorhanden waren, wird’s noch schlimmer: Hier gab es in 77 % der Fälle mindestens ein Anlageprodukt, dass nicht zum Bedarf der Verbraucher passte.
Den Grund dafür hat der VZBV schnell entdeckt: Es liegt am System. Solange Banken, Sparkassen und Versicherungen ihre Finanzberatung über Provisionen finanzieren, wird es keine echte, unabhängige und bedarfsgerechte Kundenberatung geben! Das ist ein Fakt, für den ich und jeder logisch denkende Mensch keine Studie benötigt. Provisionen sind, für Sie als Kunde häufig unsichtbar, in den allermeisten Produkten bereits einkalkuliert.
Zudem ist der Finanzberater natürlich darauf aus, mit seiner Arbeit Geld zu verdienen – das steht ihm ja auch zu. Nur wird sein Verdienst zu einem mehr oder weniger großen Anteil eben über die Provision finanziert. Und dass er Ihnen dann natürlich ein Produkt anbietet, dass ihm die höchste Provision verspricht, ist vollkommen klar. Zudem ist er an die Finanzprodukte gebunden, die zu seiner Bank bzw. Versicherung gehören. Und das Angebot ist eben sehr beschränkt und oft nicht das, was am besten in Ihre Altersvorsorge passt.
Das wäre so, als wenn Sie in einen groß en Elektromarkt gehen, um eine Waschmaschine zu kaufen, und Sie finden dort nur eine mit den drei groß en Buchstaben und vielleicht noch eine weitere Marke. Ziemlich dürftige Auswahl – finden Sie nicht auch? Ähnlich eingeschränkt ist das Angebot bei Bankberatern und Versicherungsvertretern. Ein echter Preis- und Qualitätswettbewerb, von dem Sie als Kunde profitieren, kann da nicht stattfinden.
Beim Thema Geldanlagen sei eine strikte Trennung von Verkauf und Beratung notwendig.
Dies wäre beispielsweise mit einem Provisionsverbot und der Einführung einer Honorarberatung machbar.
Es müsse vom Gesetzgeber klare Vorgaben für eine korrekte Finanzberatung geben – vor allem in Hinblick auf Risiko und Flexibilität.
Notwendig sei auch eine einheitliche Regulierung und Beaufsichtigung aller Finanzprodukte und Dienstleistungen, um halbseidenen Anbietern das Wasser abzugraben.
Zwar gibt es von Seiten der Regierungen erste zaghafte Schritte, doch diese reichen noch lange nicht aus und ist mal wieder nur halbherzig. So beispielsweise bei der Umsetzung der EU-Richtlinie „MifID 2“. Dieses Gesetz sieht zwar eine Beratung unabhängig von Verkaufsinteressen vor, erlaubt aber weiterhin den Verkauf konzerneigener Produkte. Ganz ehrlich: Wie blauäugig kann man in Brüssel eigentlich sein? Die Finanzkonzerne finden bei so einer Regelung garantiert mindestens ein Hintertürchen, was sage ich, ein offenes Scheunentor, um das Ganze doch für ihre Zwecke zu nutzen. Und Sie als Kunde sind wieder der Gelackmeierte.
Falls Sie übrigens glauben, dass Kreditinstitute und Versicherungen aus der vorgestellten Studie irgendwelche positiven Schlüsse ziehen, dann irren Sie sich gewaltig. Sie ließ en verlauten, dass sie die Studie für „irreführend“ halten. Die Einordnung von Geldanlagen als „bedarfsgerecht“ ist nach deren Meinung nicht eindeutig und würde das Risiko beinhalten, dass „beliebige Ergebnisse“ erzielt werden. Anstatt also einmal über die eigene Tätigkeit und Kundenfreundlichkeit nachzudenken, wird mal wieder rumgemotzt. Bloß keine Fehler zugeben – das können sich die Geldinstitute auch gar nicht leisten.
Stellen Sie sich mal vor, Banken und Versicherungen würden sagen: Ja, wir haben unsere Kunden falsch beraten. Ein Ansturm der Empörung unvorstellbaren Ausmaß es würde über diese hereinbrechen und sie müssten vermutlich um Milliardenbeträge bangen.
Fast schon frech finde ich die Aussage des Versichererverbandes GDV. Er nennt es realitätsfern, wenn der Bedarf des Verbrauchers nur dann als erfüllt angesehen wird, wenn das gewählte Produkt auch gleichzeitig das Bestmögliche am Markt verfügbare ist. Für mich spiegelt das eine grundsätzliche Einstellung der meisten Kreditinstitute und Versicherungen und demzufolge auch deren Mitarbeiter wider, die für sie tätig sind. Statt das Kundenwohl im Auge zu haben, betrachten diese Finanzberater es nicht als notwendig, das bestmögliche Produkt für ihre Kunden zu finden.
Welche Produkte sie wirklich im Auge haben, habe ich oben beschrieben (Stichwort hohe Provisionen rausschlagen).
Für mich bedeutet bedarfsgerecht mehr als „nur“ das Anlageziel hoher Renditen zu erreichen. Es geht eben auch darum, im Sinne des Kunden genau die Produkte zu finden, die in seinem besten Interesse beim Erreichen der Ziele hilfreich sind.
Minimum des Anspruchs eines seriösen und unabhängigen Finanzberaters (Honorarberaters) muss es sein, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Das ist dem Kunden gegenüber fair und sichert höchstmögliche Renditen. Zudem geht es auch darum, die Risiken im Rahmen zu halten bzw. auf den Anlagetyp des Kunden abzustimmen. Auch die Flexibilität der Produkte ist unbedingt zu beachten. Es kann für den Kunden enorm wichtig sein, wann und wie er auf das angelegte Geld zugreifen kann.
Ich kann ihnen also einmal mehr raten: Augen auf bei der Wahl ihres Finanzberaters (Honorarberaters). Wie sie den richtigen finden, das beschreibe ich in mehreren Beiträgen.
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