Redakteur
Keine Sorge – die Bundesregierung steht schon Gewehr bei Fuß, um die „Lasten“ zu lindern. Der Entwurf für das neue Bausparkassengesetz sieht nun einige Lockerungen vor, die den Bausparkassen wieder mehr wirtschaftliche Standfestigkeit sichern sollen. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine Deregulierung, die dem Trend einer strafferen Aufsicht über Finanz- und Versicherungsgeschäfte entgegenwirkt. Die Kassen, die Finanzaufsicht und sogar die Verbraucherschützer sind damit zum großen Teil zufrieden. Doch es gibt auch kritische Stimmen – einschließ lich meiner eigenen.
Einer der wichtigsten Punkte im neuen Gesetz sind höhere Beleihungsgrenzen für die finanzierten Immobilien. Erhielten die Schuldner bisher maximal 75 Prozent, darf laut aktuellem Entwurf der „Gesamtbetrag der Bauspardarlehen“ finanziert werden. Hierbei handelt es sich um die Sicherheit der verliehenen Baugelder. Diese könnten dann bis zu 100 % des Gebäudewertes beliehen werden. Die Grenze könnte sich sogar auf Finanzierungen mit 110 % verschieben, wenn die Formulierung im Gesetz beibehalten wird, dass nur „der Gesamtbetrag“ als Beleihungsgrenze Gültigkeit hat.
Die Finanzaufsicht meint dazu, dass die von den Kassen gewünschte Anhebung der Beleihungsgrenzen nicht zwingend notwendig sei, aber vertretbar.
Da kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch an die hervorragende Lobbyarbeit der Bausparkassen! Diese Regelung spült zahlreiche Euros in die löchrigen Kassen. Gleichzeitig wird der Verbraucherschutz damit wieder wesentlich wackeliger.
Das Problem? Die Menschen neigen dazu, sich in Schulden zu stürzen, als ob es kein Morgen gibt. Bisher hat der Gesetzgeber die Bauherren vor sich selbst geschützt, indem sie eben nur 75 % beleihen konnten. Mit den 100 % und mehr werden sich höchstwahrscheinlich nicht wenige von ihnen einen enormen Schuldenberg zulegen. Steigen die Zinsen auch nur ein klitzekleines Bisschen an, wird die Rückzahlung zum nahezu unüberwindbaren Hindernis. „Vorbild“ sind die USA, wo mittlerweile zahlreiche frühere „Häuslebauer“ in Zelten wohnen und auf Gutschein leben, weil sie vollkommen überschuldet sind.
Als zweite wichtige Änderung sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Bausparkassen künftig mehr „zulässige Geschäfte“ tätigen können. So soll es demnächst erlaubt sein, dass Bausparkassen Pfandbriefgeschäfte betreiben dürfen. Das sichert ihnen kostengünstige Möglichkeiten zur Refinanzierung, beispielsweise bei der Neutarif-Finanzierung oder bei der Darlehensvergabe. Auch „sonstige Baudarlehen neben den eigentlichen Bausparkassendarlehen“ sollen sie künftig gewähren dürfen.
Von Seiten der Regierung hofft man, dass sich die erweiterten Möglichkeiten am Kapitalmarkt „positiv auf die Ertragslage der Bausparkassen“ auswirken werden.
Was es mit der Lage der Kunden auf sich hat, scheint die Verantwortlichen weniger zu kümmern. Denn für mich stellt sich aus Sicht des Verbrauchers ganz klar die Frage, ob die Bausparkassen dann noch in der Lage sind, das Geld der Sparer wirklich zu sichern.
So wie der Schuster sprichwörtlich bei seinen Leisten bleiben soll, wäre es meines Erachtens sinnvoller, wenn sich die Bausparkassen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Ich wage zu bezweifeln, ob die Bausparkassen für derartige Finanzgeschäfte überhaupt die finanziellen und personellen Ressourcen haben. Wenn etwas schiefgeht, werden sicherlich nicht die Verantwortlichen der Versicherungskonzerne zur Verantwortung gezogen und schon gar nicht wird die Regierung irgendetwas für den gelackmeierten Verbraucher tun. Das dürfen Sie tunlichst wieder mal schön selbst ausbaden.
Im Entwurf ist zudem vorgesehen, dass die Kunden der Bausparkassen künftig als „Kollektiv“ behandelt werden sollen. Klingt erstmal gerecht, oder? Doch alle auf Krampf und Zwang über einen Kamm zu scheren, hat bisher in den wenigsten Fällen etwas gebracht – man schaue sich nur den Zusammenbruch der sozialistischen Länder an.
Ein freiwilliger Zusammenschluss kann zu echter Solidarität werden, aber als Zwangsmaß nahme bringt es hauptsächlich Nachteile. Ich beziehe mich hier vor allem auf die Tatsache, dass es noch zahlreiche Altverträge mit hohen Zinsen gibt, die den Bausparkassen ein starker Dorn im Auge sind. Zwar zeigt sich die Verbraucherzentrale Bundesverband erfreut, dass es kein Sonderkündigungsrecht für derartige Verträge geben soll.
Doch das könnte mit der Kollektivregelung geschickt umgangen werden. Was, wenn besonders Schlaue bei den Bausparkassen damit argumentieren, dass die Kündigung solcher hoch verzinsten Verträge im Interesse des „Kollektives“ ist? Damit könnten die Versicherer ihre eigenen Interessen einfach als kollektive Interessen darstellen. Und glauben Sie mir, dass dies schon lange vor mir in den Hinterköpfen der Verantwortlichen lauert. Bisher haben es die Versicherungskonzerne auch immer geschafft, das Beste für sich aus jeglichen gesetzlichen Regelungen herauszuquetschen.
Bei den Lebensversicherungen hat diese Praxis bereits Einzug gehalten. So werden Überschussbeteiligungen unter Bezug auf das „Kollektiv der Versicherten“ teilweise heute schon nicht mehr an einzelne Versicherte weitergegeben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ähnliche Praktiken bei den Bausparkassen zum Alltag werden.
Immerhin zeigte sich auch die Finanzaufsicht Bafin zufrieden mit dem Entwurf und ist der Meinung, dass keine unverhältnismäß igen Risiken für Bausparer und für Bausparkassen enthalten seien. Na toll – jetzt können alle Verbraucher ja ruhig schlafen. Vorsicht – das war ironisch! Denn dass die Bafin im Interesse der Verbraucher handelt, gehört meiner Meinung nach in den Bereich der Fabeln und Märchen. Wenn die etwas gut findet, werde ich eher misstrauisch.
Und nicht nur ich sehe den Gesetzentwurf des neuen Bausparkassengesetzes mehr als kritisch. Rechtsanwalt Achim Tiffe ist sogar der Meinung, dass Bausparkassen höchsten bei kleinen Finanzierungen überhaupt Sinn machen. Bei großen Finanzierungen sind sie nachteilig und unflexibel. Dem kann ich nur zustimmen! Rechtsanwalt Helge Petersen ist der Meinung, dass der Gesetzentwurf glatt an der Marktrealität vorbeigeht. Denn 85 % seien gar keine klassischen Bausparkredite, sondern Finanzierungen anderer Art. Zudem kritisierte er die hohen Abschlussgebühren, die für Bausparverträge anfallen.
Immerhin gibt das neue Gesetz vor, dass beim Scheitern einer Bausparkasse die bestehenden Verträge auf eine andere Bausparkasse übertragen werden sollten. Dennoch folgt gleich ein Aber: Denn wird eine Bausparkasse in einer Finanzierungsphase abgewickelt, ist der Verbraucher nach wie vor ungeschützt.
Alles in allem führen für mich die Neuregelungen beim Verbraucher zu mehr Unsicherheiten. Aber Ziel ist ja auch nicht, die Verbraucher damit zu schützen, sondern vielmehr den Bausparkassen wirtschaftlich unter die Arme zu greifen. Eine Deregulierung, wie anfangs erwähnt, bedeutet die Vereinfachung bzw. Abschaffung staatlicher Vorschriften. Damit soll privatwirtschaftlicher Initiative mehr Raum gegeben werden. Das klingt ja erstmal nicht schlecht und grundsätzlich befürworte ich mehr Freiheit und weniger Gängelung durch die Regierung.
Doch in diesem Falle geschieht dies mal wieder zum Nachteil der Verbraucher:
Sie werden in Versuchung geführt, hohe Schulden zu machen. Ihre Gelder werden künftig möglicherweise in unsichere Geldgeschäfte investiert. Und die Altverträge sind ebenfalls – wenn auch durch die Hintertür – in Gefahr. Ein Grund mehr, dass Sie sich genau überlegen, ob Sie einen Bausparvertrag abschließ en und wenn, dann sollten Sie ganz genau hinschauen.
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