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Beitrag: Versicherer arbeiten mit legalem Betrug

Uwe

Uwe Redler

Redakteur

4.9 (4)
4.9/5

Diese Meinung äuß ert Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten (BdV) klar und deutlich im Handelsblatt. Er geht sogar so weit, dass die Aufsichtsbehörde dabei mitspielt und die „unwissenden“ Politiker alle gewähren lassen. Und seine Argumente sind überaus einleuchtend – wenn auch die Versicherungen heftigst widersprechen. 

Machen Sie sich selbst ein Bild.

Willkür wohin man schaut

Der Stein des Anstoß es ist die sogenannte Zinszusatzreserve. Diese müssen Lebensversicherungen anlegen, um auf Phasen mit niedrigen Zinsen vorbereitet zu sein. Die Mittel für diese Reserven zwacken viele Versicherer von den Überschüssen der Kunden ab – also von Ihrem angelegten Geld. Gleichzeitig jammern die Versicherungen lauthals, wie schwer es für sie sei, die Garantiezinsen einzuhalten.

Dass es auch anders geht, zeigen die Praktiken in Österreich. Hier bringen allein die Unternehmen die Mittel für die Zinszusatzreserven auf. In Deutschland aber wird dafür der Verbraucher kräftig zur Kasse gebeten. Und es ist rechtlich ganz und gar nicht geklärt, ob die Versicherten dieses Geld jemals wiedersehen. Damit – davon ist Kleinlein überzeugt – sind der Willkür Tür und Tor geöffnet.

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Weiteres Öl ins Feuer gieß t eine Untersuchung von Öko-Test im Februar 2015. Diese hat ergeben, dass die Versicherungen die vorzeitige Kündigung einer Lebensversicherung sehr unterschiedlich behandeln: Manche zahlen einen Ausgleich für die entgangenen Überschüsse – andere gleichen den Verlust mit keinem Cent aus. In dieser Ungleichbehandlung der Kunden sieht der BdV einen klaren Widerspruch zur gängigen Rechtsprechung.

Wenn Sie so handeln würden …

Das Ganze geschieht unter dem Deckmantel der Legalität. Denn die deutsche Finanzaufsicht (BaFin) macht bei diesem Schwindel mit und fördert ihn sogar teilweise. Mit den von ihr erlassenen Regeln geben sie den Versicherungen grünes Licht. Diese gaugeln Ihnen eine faire Beteiligung am Überschuss vor, während gleichzeitig ein groß er Batzen Ihres Geldes in die Zinszusatzreserve fließ t. Alles, was in diesen Reservetopf „umgeleitet“ wird, fehlt dann an Ihrer Überschussbeteiligung. Diese ist zwar nach wie vor gesetzlich garantiert, das gilt aber nicht für die Zinszusatzreserve. Dieses Geld können Sie ziemlich sicher in den Wind schreiben.

Klar, dieses Vorgehen ist kein strafrechtlich relevanter Betrug. Das macht es aber keineswegs besser. Kleinlein nennt es deshalb „legalen Betrug“ – weil es zwar nicht verboten, dennoch aber betrügerisch sei, so zu handeln. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen: Doch ich kann dem nur aus voller Überzeugung zustimmen.

Nehmen wir mal ein Beispiel: Sie haben Steuern aus Ihren Einkünften zu zahlen. Aber Sie entscheiden, dass Sie ein Teil davon lieber für schlechte Zeiten auf einem Extra-Konto parken, statt es dem Staat zu geben. Das zuständige Finanzamt nickt dazu verständnisvoll und lässt Sie gewähren. Auch die Politiker haben Verständnis und erlassen ein Gesetz, das Ihnen gestattet, künftig soundso viel Prozent Ihrer Steuern sicherheitshalber zu behalten. Können Sie sich dieses Szenario vorstellen? Ich glaube eher, dass der zuständige Finanzbeamte einen Lachanfall bekommt, wenn Sie so etwas machen würden. Oder – falls er völlig humorlos ist – wird er Ihnen gleich „Vater Staat“ auf den Hals hetzen, der Ihnen schnell klarmachen wird, wo es langgeht.

Arme Versicherungen und unwissende Politiker?

Der BdV-Mann befürchtet zudem, dass auch die Politiker zu den Betrogenen gehören – ja, dass die Versicherungen diese ganz bewusst täuschen. „Denn wenn die Politiker erst einmal den Betrug für bare Münze nehmen“, so Kleinlein, „dann machen sie den Weg frei, um noch mehr Regeln zu legalisieren, die den Versicherern helfen und den Kunden schaden.“

Ganz ehrlich: Sie und ich, wir informieren uns zu den Themen, die uns angehen. Das sollten meines Erachtens auch die zuständigen Politiker tun – schließ lich ist es ihr Job, über die Zusammenhänge ihres Zuständigkeitsbereichs Bescheid zu wissen und sich von fachkundigen Experten hierzu beraten zu lassen. Wenn sie sich so dermaß en hinters Licht führen lassen würden, dann wäre das in meinen Augen fahrlässige Dummheit – sorry!

Die Versicherungslobby tönt natürlich lauthals, wie „arm“ sie sei und dass die Zinszusatzreserve ausschließlich der Absicherung garantierter Kundenansprüche dienen würde. Die erwähnte Untersuchung von Öko-Test spricht allerdings laut Axel Kleinlein eine ganze andere Sprache. Sie zeige deutlich, wie gut es den Unternehmen geht und diese trotzdem ihre Kunden mies behandeln.

Eines ist klar: Dieser legale Betrug trägt nicht zum Vertrauen der Verbraucher in die Versicherungen bei – falls es überhaupt noch vorhanden ist. 

Ich persönlich rate Ihnen davon ab, weiter auf Lebensversicherungen als Altersvorsorge oder Ähnliches zu setzen. 

Warum sollten Sie jemandem vertrauen, der mit Ihrem Geld herumjongliert, wie es ihm passt, und Ihnen dabei auch noch vorgaukelt, dass dies alles seine Richtigkeit hat? 

Würde ein Freund Sie so behandeln, würden Sie die Freundschaft garantiert ruckzuck aufkündigen.

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