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Beitrag: Die Utopie der gerechten und sicheren Renten

Uwe

Uwe Redler

Redakteur

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4.7/5

Wie lange dauert es bei Ihnen noch bis zur Rente – 10 Jahre, 20, 30 Jahre oder sogar noch länger? Sind Sie immer noch der Illusion aufgesessen, dass Ihre Rente bis dahin sicher ist? Dann sind Sie gelinde gesagt, ein sehr groß er Optimist!

Zuerst hört sich das neue Rentenpaket der Bundesregierung, das ab 1. Juli in Kraft treten soll, ja noch gut an: Bei der Mütterrente erhalten Mütter mit Kindern, die vor 1992 geboren wurden, eine höhere Rente. Zudem sollen langjährige Versicherte mit 45 Beitragsjahren nun mit 63 in Rente gehen können. Bis zum Jahr 2030 ergeben sich daraus Mehrausgaben von rund 160 Milliarden Euro. Ist das realistisch, sicher und gerecht?

Die Utopie der gerechten und sicheren Renten

Was verstehen Sie unter Gerechtigkeit, Frau Nahles?

Vielleicht halten Sie es ja mit unserer Arbeitsministerin Andrea Nahles, die davon überzeugt ist, dass die neue Rentenreform für mehr Gerechtigkeit sorgt. Alleine das ist schon mehr als fraglich. Finden Sie es beispielsweise gerecht, dass den gegenwärtigen Rentnern Rentenerhöhungen vorenthalten werden, nur um den 63-Jährigen ihren Ausstieg aus dem Arbeitsleben zu finanzieren? Oder ist es in Ordnung, dass nun die Verrentung mit 61 Jahren unattraktiver gestaltet werden soll? Was, wenn jemand bereits in dem Alter abgearbeitet und krank ist und seine Rente schon in dem Lebensalter verdient hätte? Das wird ihm nun erschwert, während der begünstigte, möglicherweise fittere 63-Jährige seinen Vorruhestand genieß en kann.

Mal abgesehen davon, sinkt der Rentenschnitt stetig. Waren es im Jahr 2000 noch etwa 53 Prozent, wird das Rentenniveau im Jahr 2028 vermutlich nur noch bei 44 Prozent des Durchschnittseinkommens liegen – und das ist wahrscheinlich schon optimistisch geschätzt.

Gleichzeitig wird vorausgesagt, dass bis zum Jahr 2020 der Beitragssatz für die Rentenversicherung von jetzigen 18,7 Prozent auf knapp 22 Prozent steigen wird. Das heiß t, während wir immer mehr in die Rentenkasse einzahlen, bekommen die jetzigen Pensionäre im Durchschnitt immer weniger Rente. Ich frage Sie: Ist das Gerechtigkeit?

Rentenreform: teuer, teurer, unbezahlbar?

Stolz ist sie, die Frau Nahles, auf ihr neues Rentenpaket. Dass es Unsummen von Geld kostet, kann sie so nicht erkennen. Dann haben wohl Wirtschaftsverbände, Experten und andere Politiker – übrigens bis hin zum ehemals „Sichere-Renten-Verkünder“ Norbert Blüm – unrecht, die sich heute äuß erst kritisch über die Rentenreform äuß ern? Ich halte mich hier eher an die Kritiker – auch und vor allem, wenn es um die Kosten geht.

Laut Fokus kursieren dazu unterschiedliche Zahlen. Diese haben jedoch eines gemeinsam: Die ursprünglichen Schätzungen von 8,9 Milliarden Euro Mehrkosten bis 2018 wird die neue Rentenreform locker übersteigen. Von Zusatzkosten in Höhe von 13,5 Milliarden Euro ist mittlerweile die Rede.

Selbst der Bundesgerichtshof bezeichnet die neue Rentenversicherung als Belastung und Risiko für eine nachhaltige Haushaltspolitik. Das ist wohl geschönt ausgedrückt dafür, dass unsere Renten vermutlich mit vollem Karacho an die Wand gefahren werden. Wenn – ja wenn es nicht doch noch zu den von vielen geforderten Reformen kommt.

Momentan sieht es jedenfalls nicht danach aus. Der Bundeshaushalt finanziert nach wie vor intensiv die Rentenkasse. Es ist sogar laut Bundesrechnungshof der mit Abstand größ te Ausgabeposten im Bundeshaushalt. Man hat es geschafft, die Leistungen des Bundes in nur 20 Jahren zu verdoppeln. Wo bitte ist das ganze Geld gelandet? Wenn unsereins so mit seinen Finanzen haushalten würde, hätten wir schon lange vor irgendeinem Gremium Rechenschaft ablegen müssen. Nicht so die Bundesregierung. Der Trend hinsichtlich der hohen Rentenkosten, die der Staat zubuttert, ist weiterhin steil ansteigend. Frau Nahles nennt diese desaströse Finanzplanung „solide“.

Statt erfahrener Fachkräfte noch mehr Rentner

Hinzu kommt, dass die Rentenreform noch auf einem anderen Gebiet vermutlich nach hinten losgeht. Das eigentliche Ziel der Bundesregierung, dass Arbeitnehmer länger im Arbeitsleben bleiben, scheint momentan reichlich verfehlt worden zu sein. Denn es gibt mittlerweile viele Rentenanträge der 63-Jährigen, was ein groß es Loch in die Rentenkasse reiß t. Aber aus Sicht der Antragsteller ist es durchaus verständlich: Warum immer mehr in die Rentenkassen einzahlen, dafür den ganzen Tag malochen, wenn sie doch ein schönes Rentnerdasein genieß en können – ggf. noch mit einigem Hinzuverdienst in der Schattenwirtschaft. Und das alles mal wieder auf Kosten der berufstätigen Beitragszahler.

Im Arbeitsministerium hatte man mit insgesamt ca. 200.000 Arbeitnehmern gerechnet, die mit 63 in Rente gehen. Im Februar 2015 waren es bereits 255.000. Experten gehen von einer sich weiter fortsetzenden Tendenz aus. Der rentenpolitische Sprecher der Grünen, Markus Kurth, ist jedenfalls überzeugt davon: „Nahles fegt Fachkräfte dauerhaft vom Markt.“ Da kann man wohl guten Gewissens sagen, dass die Rentenreform erfolgreich auf ganzer Ebene ein riesiges Chaos anrichtet – herzlichen Glückwunsch, Frau Nahles!

Für mich stellt sich hier mal wieder die Frage, die man sich bei vielen Dingen stellen sollte: Wem nützt es? Wird hier wieder Jung auf Alt gehetzt? Sollen Sozialneid und Generationenkonflikt weiter geschürt werden, um von der eigenen miesen Politik abzulenken? Auch wenn ich jetzt teilweise ins gleiche Horn gestoß en habe, um Ihnen die Thematik deutlich zu machen – Schuld sind nicht die Mütter oder diejenigen, die mit 63 Jahren in Rente gehen – zumindest darüber können wir alle sicher sein!

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