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Niedrigzinsen belasten die Lebensversicherung

Beitrag: Lebensversicherer mit „künstlicher Beatmung“

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Das Thema Niedrigzinsen belastet die Lebensversicherungen nach wie vor. Einige Groß konzerne haben nun eine clevere, und angeblich legale, Lösung gefunden, um sich und ihre Töchter zu sanieren – allerdings mal wieder auf Ihre Kosten. Und die Aufsichtsbehörden schauen seelenruhig dabei zu.

Uwe

Uwe Redler

Redakteur

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Manche sind immer gleicher als die anderen

Für die derzeit immer noch herrschenden niedrigen Zinsen können die Lebensversicherungen nichts. Und wohl auch nichts für die gesetzlich begrenzte Auszahlung an die Kunden. Denn Versicherer müssen auf Anleihen keine Kursgewinne mehr ausschütten, wenn sie das Kapital für die vertraglich garantierten Zinsen benötigen. Und dieses Geld haben viele der Versicherungen auch bitter nötig. Eine Einschränkung hat der Gesetzgeber in dem Fall auferlegt: Versicherer, die auf diese Weise Reserven einbehalten, dürfen an ihre Eigentümer keine Dividende ausschütten.

Doch bevor Sie zu viel Mitleid mit den „armen Konzernchefs“ bekommen, kann ich Sie trösten: Einerseits scheffeln die Lebensversicherungen immer noch genug Gewinn und deren Eigentümer werden garantiert nicht am Hungertuch nagen. Und andererseits lassen sich diejenigen, wo ohnehin schon viel ist, meistens noch etwas einfallen, damit der Haufen noch größ er wird. In dem Fall umgehen die Mutterkonzerne das Verbot nämlich ganz einfach – legal zwar, aber nicht ohne Folgen für die Kunden.

Was passiert? Die Konzernmütter vieler Lebensversicherungen gewähren ihren Töchtern Kredite zu extrem hohen Wucherzinsen, die sie jährlich kassieren. Auf diese Weise wird die erwähnte Dividendensperre gekonnt umgangen und die Versicherer stehen als solide da, weil sie plötzlich mehr Geld zur Verfügung haben – wenns auch nur geliehen ist.

Wenn es nicht so unverschämt wäre, müsste man vor dem Einfallsreichtum fast schon den Hut ziehen. Ich stimme jedenfalls dem finanzpolitischen Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Gerhard Schick, zu. Der sagt nämlich: „Notmaß nahmen begrenzen bereits die Ausschüttungen der Versicherer an Kunden, das muss in Zeiten wie diesen auch für Zahlungen an die Eigentümer gelten.“ Oder anders ausgedrückt: gleiches Recht für alle. Doch heutzutage muss man dieses Motto wohl als naiv bezeichnen. Es gibt eben immer welche, die gleicher sind als andere.

Traumzinsen mit teilweise fast 25 Millionen jährlich

Nach einer ersten Stichprobe zeigte sich, dass die Versicherungsgruppen ihren Lebensversicherungstöchtern Kredite von fast 800 Millionen Euro gewährt haben. „WirtschaftsWoche“ und „Handelsblatt“ haben recherchiert und dabei festgestellt, dass dabei mit Zinsen gearbeitet wird, die dem heutigen Markt deutlich widersprechen:

  • Die Hamburger Leben lieh sich vom Mutterkonzern Delta Lloyd 8,3 Millionen Euro.
  • Die Provinzial Rheinland hat sich bei ihrer Mutter, der Provinzial Rheinland Versicherung AG, 125 Millionen Euro geliehen. Dafür werden jetzt zehn Jahre lang jeweils 3,7 Prozent Zinsen berechnet.
  • Der Kredit der deutschen Swiss Life bei ihrer „Mutterholding“ in Zürich über 100 Millionen Euro läuft unbefristet und ist frühestens nach zehn Jahren mit jährlich 4,3 Prozent Zinsen zurückzuzahlen.
  • HDI-Leben zahlt an ihre Muttergesellschaft, die Talanx, satte sechs Prozent an Zinsen für geliehene 51 Millionen Euro.
  • Auch die Lebensversicherung der Sparkassen-Versicherung macht mit und lieh sich unter anderem bei der Holding 110 Millionen Euro.
  • Den Vogel hat die Generali Leben abgeschossen: Bereits im Jahr 2012 hat sie 382 Millionen Euro bei einer Tochter der Generali Deutschland Holding geliehen. Der Kredit läuft über 30 Jahre und wird in den ersten zehn Jahren mit sage und schreibe 6,5 Prozent jährlich verzinst. Das sind jährlich fast 25 Millionen Euro.

Schulden zählen absurderweise als Eigenkapital

Der Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten, Axel Kleinlein, spricht von „nennenswerten Summen, die da abfließ en.“ Und Gerhard Schick ist der Meinung, dass diese hohen Zinsen aktuell von den Lebensversicherern nicht erwirtschaftet werden können und dass die Kredite die Lebensversicherer destabilisieren.

Natürlich halten die Konzerne dagegen. Sie sind der Meinung, wenn die Aufsicht BaFin diese sogenannten nachrangigen Kredite als Eigenkapital anerkennt, dann hat das auch seine Richtigkeit. Nachrangig bedeutet in diesem Fall, dass bei einer Pleite einer der „Töchter“ zuerst andere Gläubiger bedient werden und bei Komplikationen die Zinsen gestundet werden dürfen. Aus diesem Grund, so die Mutterkonzerne, gehen sie ein größ eres Risiko ein und dürfen auch höhere Zinsen verlangen.

Die Vorgehensweise stöß t zwar bei der EZB auf Kritik und es heiß t, dass nationale Alleingänge nicht geeignet seien, um groß e Krisen zu verhindern. Aber wie gesagt: Die BaFin findet das alles Spitze und lässt die Konzerne – mal wieder – machen.

Diese künstliche Beatmung soll vortäuschen, dass die Lebensversicherungen kerngesund wären. Und tatsächlich wird das offiziell so akzeptiert. Es ist absolut absurd, aber so wird in unserem Landen gerechnet – jedenfalls bei groß en Unternehmen: Schulden werden ruckzuck zum Eigenkapital gezählt und die Lebensversicherer wirken plötzlich viel solider, als sie sind. Denn mehr Eigenkapital bedeutet nicht etwa, dass die Unternehmen mehr Geld ausgeben können, sondern vielmehr, dass mehr Kapital „daliegt“. Das ist so, als würden Sie von Ihrem Nachbarn 50.000 Euro leihen und es dann in Ihre Kommode legen. Bei Überprüfung auf Kreditwürdigkeit geben Sie dieses Kapital dann gegenüber Ihrer Bank als Ihr eigenes aus – es liegt ja schließ lich da, in Ihrem Haus.

Auszahlung von Versicherungsleistungen kann verboten werden

Vielleicht sagen Sie sich ja: Ist mir doch egal, wie die „Groß en“ mit ihrem Geld mauscheln und es hin und her schieben. Doch die Beteuerungen, dass für Sie als Kunde kein Nachteil entsteht, sind in meinen Augen auf Dauer nicht haltbar.

Denn der Zins fließ t definitiv ab von den Lebensversicherern und diese werden dadurch geschwächt. Und auch, wenn die Kredite nachrangig sind, gezahlt werden müssen sie trotzdem. Genau dadurch aber können einzelne Lebensversicherer geschwächt werden. Und was passiert dann mit dem Geld, das Ihnen als Kunde zusteht?

Ich verrate es Ihnen: Die BaFin kann in Notfällen, beispielsweise, wenn ein Versicherer vor der Insolvenz steht, „alle Arten“ von Zahlungen verbieten – und das gilt besonders für Versicherungsleistungen. Nachtigall, ick hör dir trapsen kann ich da nur sagen. Gesetzlich ist schon mal „gut“ dafür gesorgt, dass die Hunde immer den Letzten beiß en und dass nicht die Versicherungsunternehmen an dieser Position sein werden.

Auch Kleinlein erwartet bei Versicherern mit hohen Darlehen keine hohe Überschussbeteiligung. Das ist meines Erachtens sehr vorsichtig ausgedrückt.

Ich denke, dass hier einmal mehr der Versicherungskunde der Dumme ist und das Nachsehen haben wird, wenn es hart auf hart geht. Lassen Sie sich NICHT für dumm verkaufen und werfen Sie den Konzernen nicht noch mehr Geld in den Rachen. Denn diese wollen ja doch nur ihr eigenes Scherflein ins Trockene bringen, wenn‘s sein muss, sanieren sie sich eben auf Ihre Kosten.

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