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Ein lahmer Gaul liefert keine Rendite

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„Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, dann steige ab.“ Diese indianische Weisheit hat jede Menge für sich – erst recht, wenn es sich um Geldgeschäfte handelt. In der Verhaltensökonomie wird dieses Phänomen mit „sunk cost fallacy“ umschrieben. Der „Trugschluss irreversibler Kosten“ lautet die ungefähre deutsche Übersetzung. Ich würde es eher als „irrationales Festhalten an Verlustgeschäften“ bezeichnen.

Betrachten wir das Ganze einmal näher.

Successful businessman. #74353275 | Urheber: PrettyVectors / @ fotolia.com

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Selbsttäuschung zwingt zum Weitermachen

Vielleicht kennen Sie das: Sie haben online etwas bestellt – Kleidung beispielsweise oder einen Gebrauchsgegenstand. Beim Anprobieren merken Sie schon, dass das Teil nicht so recht passt. Oder Sie haben beim gelieferten Eierkocher gleich das „merkwürdige“ Gefühl, dass Sie ihn maximal einmal benutzen und er danach für immer in einer dunklen Ecke des Küchenschrankes landet. Obwohl Sie die Dinge innerhalb von 14 Tagen kostenlos zurückschicken könnten, tun Sie es nicht. 

Ähnliche Verhaltensweisen können Sie vor allem bei höherpreisigen Geldanlagen verstärkt beobachten – hier fällt das Loslassen oftmals noch schwerer. So auch am Aktienmarkt. Je tiefer eine Aktie unter den Einkaufspreis sinkt, desto stärker halten viele Anleger an ihr fest. Und leider ist dann natürlich auch der Verlust beim Verkauf entsprechend höher. Hand aufs Herz – haben Sie irgendwo eine Aktie „herumliegen“, die nichts bringt, die Sie aber partout nicht loslassen können oder wollen? Glauben Sie mir: Sie sind damit bei weitem nicht allein, vielmehr handelt es sich um ein weit verbreitetes Phänomen.

Warum aber handeln wir sonst so „logisch“ denkenden und handelnden Menschen häufig plötzlich unverständlich und geradezu widersinnig? Verhaltensökonomen haben diesen Effekt untersucht und ihm den Namen „sunk cost fallacy“ verpasst. Wie bereits oben beschrieben, heißt das übersetzt in etwa „Trugschluss der irreversiblen Kosten“. Man könnte es auch als überaus geschickte Selbsttäuschung bezeichnen, der Tag für Tag viele Investoren erliegen.

Der Trugschluss entsteht, weil wir immer wieder aufs Neue hoffen, dass unsere Investitionen doch noch Erfolg haben. Schließlich haben wir oft lange genug recherchiert, um die passenden Aktien zu finden. Wir wollen oft nicht wahrhaben, dass unsere Anstrengungen umsonst waren. Das DARF einfach nicht sein! Der Mensch will Recht behalten und tendiert dazu, Kosten und Mühen, die er in der Vergangenheit in eine Entscheidung investiert hat, in der Gegenwart als Maßstab anzusetzen. Handlungsoptionen werden nicht rational abgewogen, sondern die früheren Investitionen in der Jetztzeit als Begründung zum Weitermachen herangezogen.

8 Regeln zum „Loslassen“ unrentabler Geldanlagen

Nun ist es natürlich so, dass Sie bei Aktien manchmal auch den Gewinn „aussitzen“ müssen und Geduld benötigen. Es kann durchaus sinnvoll sein, weiter zu investieren. Nur wann genau vom Pferd absteigen – respektive die Aktie abstoßen? Wenn es vom Galopp in den Trab übergeht oder wenn nur noch ein Röcheln zu vernehmen ist?

Es ist natürlich schwer, diese Fragen allgemein zu beantworten. Dennoch habe ich einige Tipps für Sie parat, wie Sie den „sunk cost fallacy“ geschickt umgehen und vor allem sich selbst kontrollieren können, um nicht wieder in dieses Verhaltensmuster zu geraten:

  1. Etwas, das ich immer wieder betone, aber auch gerne wiederhole: Streuen Sie Ihre Geldanlagen. Mit einer breit gefächerten Diversifikation vermeiden Sie individuelle Einflüsse und sorgen auf lange Sicht für eine wesentlich bessere Rendite. 
  2. Machen Sie sich von Beginn an bewusst, dass nicht jede Geldanlage erfolgreich sein muss. Aktien sind nun einmal Bewegungen unterworfen. Sie steigen und fallen und sind dabei verschiedensten Faktoren ausgesetzt, die Sie häufig nicht beeinflussen können.
  3. Schauen Sie immer nach vorne und niemals zurück. Auch Finanznachrichten enthalten nur Infos über schon vergangene Ereignisse, die Sie nicht mehr verändern können. Natürlich ist es wichtig, sich zu informieren. Doch für erfolgreiche Investitionen ist der Blick in die Zukunft entscheidend.
  4. Verlieben Sie sich nicht in eine Aktie. Gefühle und Geldanlagen – das geht nicht zusammen. Viele Anleger investieren Emotionen in eine Aktie und können sich dann bei Verlusten nicht von ihr trennen. Halten Sie besser gefühlsmäßigen Abstand zu Ihrem Portfolio. 
  5. Je größer das Risiko, desto höher die Rendite. Das mag oft stimmen. Dennoch sollten Sie nicht jedes beliebige Risiko eingehen. Denn die Entwicklung Ihrer Aktien ist spezifischen Einflüssen unterworfen, wie beispielsweise sich verändernden Technologien oder der politischen Entwicklung im Weltgeschehen.
  6. Eine weitere Möglichkeit für mehr „Disziplin“ bei Ihren Investitionen ist das Rebalancing. Dabei geht es darum, Aktienanteile mit hohem Wertzuwachs zu reduzieren und den Erlös in Anleihen oder Rohstoffe zu investieren. So halten Sie Ihre Portfoliostruktur im Gleichgewicht. 
  7. Beschäftigen Sie sich mit den Finanzmärkten. Denn je besser Sie wissen, wie diese funktionieren, desto schneller können Sie auf Entwicklungen reagieren. Wenn über großartige Aussichten in den Nachrichten berichtet wird, ist eine Reaktion darauf häufig schon zu spät und die Märkte haben bereits darauf reagiert.
  8. Falls Sie keine Zeit oder Lust haben, sich intensiver mit der Thematik zu befassen, wenden Sie sich an einen erfahrenen und unabhängigen Finanzberater oder Honorarberater. Dieser macht den ganzen Tag nichts anderes, als sich über Marktentwicklungen zu informieren und kennt die Zusammenhänge sehr genau. Schließlich ist es sein Job.

Für emotionalen Abstand sorgen

Zum Abschluss sei nochmal darauf hingewiesen, dass es kein perfektes Portfolio gibt. Doch Sie können auf vielerlei Weise das Risiko von Verlusten minimieren. Und mit einer bestimmten Handlungsweise sorgen Sie dafür, dass Sie nicht die Fehler machen, die alle machen. 

Um noch einmal auf die Metapher vom Anfang zurückzukommen: Satteln Sie Ihr Pferd und reiten Sie den Parcours der Aktienanlagen mit einer Mischung aus Vorsicht und Wagemut. Halten Sie dabei die Zügel fest in der Hand und steigen Sie rechtzeitig ab, wenn die Hürden zu hoch werden und das „Pferd“ anfängt zu lahmen.

Wichtig

Allerdings hinkt der Vergleich an einer Stelle: Während Sie Ihr Pferd vermutlich mögen und eine gewisse Bindung zu ihm aufbauen, sollten Sie dies bei einer Aktie und bei sämtlichen Geldanlagen strikt meiden. Bringen Sie emotionalen Abstand zwischen sich und die Aktie – dann werfen Ihre Geldanlagen auch die erhofften Gewinne ab. 

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