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Momentum-Strategie: Einmal Sieger, immer Sieger?

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Keiner will auf der Verliererseite sein – schon gar nicht, wenn’s ums liebe Geld geht.

Der Momentum-Effekt soll ganz nach dem Motto „Never change a winning team“ (Verändere nie eine siegreiche Mannschaft) auf dem Aktienmarkt für Gewinne sorgen. Wobei – etwas komplexer geht’s dabei schon zu, nicht ohne Grund haben sich zahlreiche Finanzexperten damit beschäftigt. Und mit Erfolg. Denn sowohl auf den deutschen als auch den internationalen Finanzmärkten hat sich die Momentum-Strategie als sehr lukrativ erwiesen. Auch Sie können damit zu den Gewinnern gehören.

Die Lösung!

Die Lösung! – Datei: #64846547 | Urheber: fovito – @ fotolia.com

Bedeutende Anomalie mit zeitlicher Begrenzung

Zuerst einmal klären wir, worum es bei der Momentum-Strategie überhaupt geht. Im Prinzip hat sie eine simple Aussage: Preisentwicklungen aus der Vergangenheit werden sich tendenziell in der Zukunft fortsetzen. Das heißt also, gewinnbringende Aktien bleiben durchschnittlich gesehen Gewinneraktien, während Verliereraktien sich auch künftig von der Tendenz her schlechter entwickeln. Die logische Schlussfolgerung daraus: Auf den Trend der Gewinneraktien aufspringen und Verliereraktien meiden wie die Pest.

Bei der Momentum-Strategie wird von einem gewissen Aktien-Trending ausgegangen: Gewinneraktien behalten ihren „Schwung“ – besitzen also ein Momentum besitzen – und Aktien mit negativen Renditen verlieren weiter an Performance.

So einfach das Ganze klingt, gilt der Momentum-Effekt gleichzeitig als eine der bedeutendsten Kapitalmarktanomalien. So übertreffen die gewinnbringenden Aktien die Verlust-Aktien jährlich um ca. 12 Prozent (vor Transaktionskosten). Unbedingt zu beachten ist hierbei der zeitliche Aspekt. So zeigten verschiedene Untersuchungen, dass vor allem Aktien mit hohen Gewinnen aus den letzten 3 bis 12 Monaten in der kurzfristigen Zukunft von 6 bis 12 Monaten große Renditen erreichen. Nachfolgend einige Beispiele dazu.

Untersuchungen zur Momentum-Strategie

Sowohl für den deutschen als auch den US-amerikanischen Finanzmarkt gibt es zahlreiche empirische Studien, die den Erfolg der Momentum-Strategie nachweisen. In einem Aufsatz von 1999 wiesen Schiereck, de Bondt und Weber im Zeitraum 1961 – 1991 signifikante Profite auf dem deutschen Aktienmarkt nach. Die höchste Überrendite bei der Untersuchung von über 350 in Frankfurt gehandelten Aktien lag bei 4,15 Prozentpunkten. Das galt für eine halbjährige Formations- und eine Halteperiode von einem Jahr.

Damit wiesen sie zudem eine hohe Übereinstimmung mit US-amerikanischen Untersuchungen von Jegadeesh und Titman nach. Im Zeitraum 1965 bis 1989 ermittelten sie Überrenditen von 12 Prozentpunkten jährlich, wobei sich eine Formations- und Halteperiode von jeweils 6 Monaten am erfolgreichsten zeigte.

Kritikpunkte trotz nachgewiesener Erfolge

Wenn Sie meinen Blog verfolgen, könnte Ihnen etwas auffallen: Die Momentum-Strategie widerspricht nämlich der Hypothese der effizienten Märkte, die weithin von vielen Finanzexperten akzeptiert wird. Unter anderem deshalb gilt der Momentum-Effekt auch – trotz der oben genannten nachgewiesenen Erfolge – als umstritten und es gibt Kritikpunkte:

  • So kann es zu sogenannten Momentum-Crashes kommen, bei denen Momentum-Portfolios überproportionale Verluste hinnehmen müssen. Dies wird von manchen als Risikofaktor bezeichnet.
  • In den Untersuchungen wurden die Transaktionskosten nicht berücksichtigt. Kritiker sagen, dass diese den Momentum-Effekt zunichte machen.
  • Für Privatinvestoren ist ein strukturierter Leer-Verkauf nicht direkt machbar. Dieser kann sogar – wie in der Finanzkrise 2009 – für bestimmte große Märkte verboten werden.
  • Der Effekt wird aus Sicht der effizienten Märkte als Anomalie wahrgenommen. Das könnte durchaus so verstanden werden, dass die Momentum-Strategie unbeständige oder nur temporäre Erfolge erzielt.
  • Die ökonomischen Ursachen sind unbekannt.

Vier Erklärungsversuche für den Momentum-Effekt

Warum die Momentum-Strategie trotzdem funktioniert, dafür gibt es verschiedene Erklärungsversuche:

  1. Eine These ist, dass die Informationsverarbeitung durch die Marktteilnehmer zeitverzögert, also nicht sofort, abläuft. Daraus wird geschlussfolgert, dass der Momentum-Effekt sich aus der verzögerten Reaktionsfähigkeit der Anleger ableiten lässt.
  2. Ein anderer Ansatz sieht als Auslöser die saisonalen Schwankungen von Aktienrenditen. Der Momentum-Effekt ist nach diesen Aussagen in den Endmonaten eines Quartals besonders stark, vor allem im Dezember sowie bei Aktien, die oft in Portfolios von institutionellen Anlegern zu finden sind. Diese, so heißt es, kaufen in der Praxis gerne Gewinner-Aktien nach.
  3. Der Effekt könnte auch durch den Herdentrieb der Investoren entstehen. Für den einzelnen hat dies durchaus rationale Gründe, was aber im Ergebnis oft enorm irrational wirkt.
  4. Ebenfalls ein verhaltensökonomisches Phänomen glaubt eine Studie der Uni Mannheim entdeckt zu haben: Nach deren Schlussfolgerung resultiert der Momentum-Effekt aus Selbstüberschätzung und Wahrnehmungsfehlern. Weil Investoren nach der Bestätigung ihrer eigenen Einschätzung suchen, würden sie damit die Preise temporär unberechtigt in die Höhe treiben oder sinken lassen. Dies sei besonders bei Aktien von Unternehmen zu beobachten, die in den Medien stark präsent sind.

Tipps für die Praxis

Wenn Sie die Momentum-Strategie für sich nutzen wollen, müssen Sie den Markt genau beobachten. Wie oben beschrieben, handelt es sich um relativ kurzfristige Zeiträume von 3 bis 12 Monaten. Dabei werden die Renditen aller Aktien gemessen, festgehalten und entsprechend sortiert. Konzentrieren Sie sich dabei am besten auf einen Zeitpunkt, sonst wird es zu unübersichtlich – beispielsweise 6 Monate.

Nach einem festgelegten Wert, der meist in „Zehnerteile“ (Dezil) aufgeteilt ist, kaufen Sie die obersten Aktien long und die untersten Aktien leer-verkaufen Sie short. Beispielsweise legen Sie hierbei jeweils 10 % fest. Diesen Vorgang wiederholen Sie jeden Monat aufs Neue. Oder einfacher ausgedrückt: Sie finden die jeweiligen Sieger und Verlierer des Monats und kaufen bzw. verkaufen diese.

Eine Berechnungsformel für das „Momentum“ könnte lauten: Kurs ./. Kurs von vor x-Tagen x 100. Liegt der Wert über + 100, ist der Aufwärtstrend intakt. Bei über -100 liegt ein intakter Abwärtstrend vor. Wenn der Kurs und das berechnete Momentum etwa gleich verlaufen, bleibt der Trend erhalten. Zeigen sich allerdings starke Divergenzen (Abweichungen) zwischen Momentum und Kursverlauf, könnte eine Trendwende bevorstehen.

Solange es einen Trend gibt, ist die Momentum-Strategie überaus erfolgversprechend. Entstehen allerdings am Markt größere Turbulenzen, kann der Momentum-Effekt auch mal ins Trudeln geraten. Dennoch steckt in ihr eindeutig hohes Performancepotential und sie ist ein hervorragendes Mittel, um Gewinne am Finanzmarkt zu generieren.

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