Pflege: Kinder haften für ihre Eltern: Wenn Mama und Papa ins Heim müssen
Für viele Menschen ist es wichtig die Eltern solange wie möglich zu Hause im gewohnten Umfeld leben zu lassen, manchmal lässt sich das aber nicht auf Lebenszeit realisieren. Werden die Eltern krank, der Pflegebedarf steigt, bleibt den Kindern oft nichts anderes übrig, wie die Eltern in Pflegeheimen unterzubringen.
Je nach Pflegestufe kann das teuer werden.
Laut statistischen Bundesamts sind rund 790.000 Menschen aufgrund ihres Alters in Pflegeheimen untergebracht. Je nach Pflegestufe entstehen für die Bewohner eines Altenheimes monatlich Kosten die weit über das Renteneinkommen hinausgehen. Ist das Vermögen der Eltern aufgebraucht, haften Kinder für ihre Eltern. Das heißt immer mehr Kinder kommen in die Situation finanzielle Belastungen durch die Pflegekosten für ihre Eltern tragen zu müssen.
Wie hoch die monatlich zu entrichtenden Beträge sind, und wie diese Zusammengesetzt sind hängt zum einem vom Pflegesatz, wie auch vom Einkommen des Kindes und deren Geschwister ab.
Außerdem haften Kinder auch für Eltern mit denen der Kontakt abgebrochen ist. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes 2014 untermauerte die Forderungen des Sozialamtes gegenüber eines Sohnes, der nach seinem 18. Geburtstag keinen Kontakt mehr zum Vater hatte. Vier Jahrzehnte später sollte sich der Sohn an den Pflegekosten beteiligen. Grundsätzlich ist es so, dass Kinder nur dann aus der Haftung für ihre Eltern genommen werden können, wenn diese selbst ihrer Unterhaltspflicht nicht nachgekommen sind, beziehungsweise durch Vernachlässigungen in der Kindheit oder Misshandlung eine Kostenbeteiligung an den Pflegekosten nicht zumutbar ist für die Kinder.
Bevor Kinder für ihre Eltern haften müssen, werden Einkünfte des Pflegebedürftigen aus der gesetzlichen und privaten Rente, Pflegeversicherung zur Kostendeckung herangezogen. Auch das private Vermögen der Eltern wird zuerst aufgebraucht. Lediglich einen Schonbetrag von 2.600 Euro als Vermögensreserve dürfen Pflegebedürftige behalten. Prüfen Sie ob Ihre Eltern Anspruch auf Grundsicherung im Alter haben. Wenn ja, muss diese auch beantragt werden. Derartige eigene Einkünfte haben immer Vorrang vor Unterhaltszahlungen der Kinder, die für ihre Eltern haften müssen.
Kinder haften für ihre Eltern: Wer muss Unterhalt bezahlen?
Kinder haften immer dann für ihre Eltern, wenn sie in sogenannter gerader Linie mit der Person verwandt sind. Ganz genau betrachtet gehören dazu auch Enkel oder Urenkel. Allerdings können nur die Großeltern, die Pflegekosten von ihren Enkeln und Urenkeln einfordern. Das Sozialamt kann etwaige Forderungen zur Unterhaltspflicht nur an die Kinder direkt stellen.
Kinder haften für ihre Eltern: Wie werden Unterhaltsforderungen berechnet
Gesetzlich ist genau geregelt wie viel das unterhaltspflichtige Kind von seinem Einkommen abgeben muss.
„Alle tatsächlich erzielten Einkünfte der Kinder werden zusammengerechnet, um zu ermitteln, ob sie Unterhalt für ihre Eltern leisten müssen“, das wird im BGB §1603 Abs.1 so festgehalten.
Um die tatsächlichen Einkünfte zu ermitteln, wird bei Arbeitnehmern der Durchschnitt von zwölf zusammenhängenden Monaten vor Eintritt der Unterhaltsverpflichtung berechnet. Selbstständigen müssen die durchschnittlichen Einkünfte der letzten drei bis fünf Jahre offenlegen.
Folgende Kosten werden von Ihrem Einkommen abgezogen:
Folgende Kosten sind in den obligatorischen Selbstbehalt bereits mit einberechnet und können nicht zusätzlich angerechnet werden.
Kinder haften für ihre Eltern: Freibeträge und Selbstbehalt in Zahlen
Das bereinigte Nettoeinkommen, ist nun die Grundlage um Unterhaltsforderungen, für Kinder die für ihre Eltern haften müssen, auszurechnen. Dem Unterhaltspflichtigen steht seit Januar 2017 ein Selbstbehalt von 1.800 Euro zu. Der Ehepartner kann 1.440 Euro pro Monat geltend machen. Somit beläuft sich der Familienselbstbehalt aktuell auf monatlich 3.240 Euro.
Einen Vorteil haben dann zum Beispiel Ehepartner deren Einkünfte offenkundig über dem individuellen Freibetrag für Unverheiratete liegen, insofern sie mit jemandem verheiratet sind, der kein oder nur wenig Einkommen hat. Lebensgemeinschaften ohne Trauschein können den erhöhten Familienselbstbehalt nicht für sich beanspruchen! Hinzu kommen Freibeträge für die eigenen Kinder.
Wenn Kinder für ihre Eltern haften, müssen von diesem bereinigten und um den Selbstbehalt verminderten Nettoeinkommen 50 Prozent als Elternunterhalt gezahlt werden.
Fünf Prozent des rentenversicherungspflichtigen Bruttoeinkommens dürfen für die eigene Altersvorsorge angespart werden, vorausgesetzt dass tatsächlich Beiträge in eine Altersvorsorge eingezahlt werden. Welche Art der Rentenabsicherung vom Kind, das für seine Eltern haftet, genutzt wird, ist seine eigene Entscheidung. Je nach Fall, können bei Arbeitnehmern 20 Prozent des Einkommens, das über Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung liegt geltend gemacht werden. Selbständig Tätige dürfen 25 Prozent ihres Bruttoeinkommens für die persönliche Altersvorsorge einbehalten.
Beispielrechnung:
Das heißt bei einem Nettoeinkommen von 5000 Euro, bleibt nach Abzug aller Kosten 3800 Euro übrig, daraus errechnet sich also ein Freibetrag von 1800 Euro. Abzüglich dieses Freibetrages liegt dem Sozialamt also ein Bruttoeinkommen von 2000 Euro vor. Davon müsste das Kind, das für seine Eltern haftet nun 1000 Euro als Pflegegeld zur Unterhaltssicherung der Eltern abgeben.
Achtung!
Kinder haften für ihre Eltern: Schonvermögen ist unantastbar
Unterhaltspflichtige Kinder, die für ihre Eltern haften haben Anspruch auf ein sogenanntes Schonvermögen bei Elternunterhalt. Soweit das Vermögen nachweislich der eigenen Alterssicherung dient, bleibt es unangetastet. Feste Schongrenzen wurden gesetzlich nicht festgelegt. Sie müssen dem Sozialhilfeträger nachweisen in welcher Höhe Sie Geld zurücklegen und aus welchem Grund.
Den stärksten Schutz genießt das Haus oder die Wohnung in der Sie selbst wohnen. In angemessener Höhe können Sie auch finanzielle Reserven für zum Beispiel Reparaturen am Haus, für Urlaub, für den Ersatz eines kaputten Autos gebildet werden.
Kinder haften für ihre Eltern: Was passiert wenn es mehrere unterhaltspflichtige Kinder gibt?
Wie hoch die Unterhaltspflicht der einzelnen Geschwister ist, hängt von deren individuellen Einkommen ab. Das heißt, wer gut verdient, zahlt auch mehr und wenn ein Kind nicht leistungsfähig ist, wird der gesamte Unterhalt auf die restlichen Geschwister verteilt. Vorausgesetzt die übrigen verfügen über ausreichend Einkommen oder Vermögen.
Kinder haften für Eltern: Alternativen und Hilfen für Unterhaltspflichtige
Wenn ein oder beide Elternteile in ein Pflegeheim müssen oder so pflegebedürftig sind, dass Sie es zu Hause nicht mehr alleine stemmen können, informieren Sie sich beim örtlichen Sozialamt über Alternativen und Hilfen zur Pflege.
Bei einem geplanten Heimeinzug, kann zum Beispiel die Behörde als „Hilfe zur Pflege“ die Kosten für eine Tagesspflegeeinrichtung teilweise übernehmen, vorausgesetzt dadurch kann ein teurer Umzug ins Pflegeheim vermieden werden.
Auch wenn Ihre Eltern bereits im Pflegeheim sind und das Sozialamt nun von Ihnen Unterhaltskosten fordert, haben Sie die Möglichkeit Heimkosten zu vergleichen und nötigenfalls Ihre Eltern in einem günstigeren Heim unterzubringen. Die Bedingung für eine solche Maßnahme ist, dass sich die Unterbringung durch einen Umzug in ein anderes Pflegeheim nicht verschlechtert.
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