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Beerdigung einer einst guten Idee: Ruhe sanft, Betriebsrente

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Früher konnten sich diejenigen glücklich schätzen, deren Unternehmen eine Betriebsrente ausgezahlt hat. Doch diese Zeiten sind vorbei … Vielen Firmen geht langsam das Geld dafür aus, einige mussten sogar schon Konkurs anmelden. Vor allem junge Leute kommen gar nicht mehr in den Genuss dieser Altersvorsorge. Zudem gibt es Tendenzen, die Risiken für das angelegte Pensionsgeld auf die Mitarbeiter abzuwälzen.

Düstere Aussichten „dank“ Niedrigzinsen

Laut Gesetz sind Unternehmen dazu verpflichtet, für ihre Mitarbeiter eine Altersvorsorge mithilfe einer Entgeltumwandlung anzubieten. Wenn sie sich dabei für eine Betriebsrente entscheiden, müssen sie dafür Rückstellungen bilden.

Große Konzerne haben damit in der Regel kein Problem – und inzwischen ziemlich hohe Summen angesammelt: Siemens beziffert seine Pensionsrückstellungen im Jahr 2014 mit über 11 Milliarden Euro. Daimler hat seit dem Jahr 2010 zusätzlich mehr als 7,4 Milliarden Euro beiseitegelegt. Viele Firmen haben nicht diese Möglichkeiten.

Immerhin waren die meisten Unternehmen so schlau, sich darauf einzustellen, dass die Menschen immer älter werden und demzufolge die Renten auch länger reichen müssen. Doch der Niedrigzinspolitik der EZB sind auch die Firmen hilflos ausgeliefert. Da geht’s denen nicht viel besser als jedem Kleinsparer. Denn auch die Unternehmen müssen Geld zurücklegen, um die Betriebsrenten zu sichern. Wenn bei den aktuellen Zinsen kaum noch Erträge abgeworfen werden, sieht‘s düster aus.

betriebsrente

Milliardenloch: Gerade mal die Hälfte ist gesichert

Um die Verpflichtungen zu erfüllen, welche die Unternehmen mit der Betriebsrente eingegangen sind, heißt es also sparen. Aus diesem Grund steigen die Kosten für die betriebliche Altersvorsorge Jahr für Jahr an. Während die Firmen letztes Jahr noch mit 3,65 Prozent kalkulieren konnten, sind es momentan laut „Welt“ nur noch 2,10 Prozent.

Es heißt, dass das Pensionsvermögen der 30 größten börsenorientierten Unternehmen über 214 Milliarden Euro beträgt. Das klingt zwar viel, reicht aber nicht. Denn die Pensionsverpflichtungen liegen inzwischen bei fast 392 Milliarden Euro.

Dies bedeutet den größten Einbruch innerhalb eines Jahres. Nur noch rund 55 Prozent der Pensionsverpflichtungen sind momentan mit Kapitalanlagen abgedeckt, das ist knapp über die Hälfte.

Böses Erwachen für Firmen und Mitarbeiter

Natürlich sind nicht nur die DAX-Konzerne betroffen, sondern auch viele kleine und mittlere Unternehmen. Doch gerade diese sind offensichtlich nicht auf die lauernde Gefahr vorbereitet, die sich aus den Anforderungen einer Betriebsrente ergibt. Mario Ohoven vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft befürchtet, dass „… für Klein- und Mittelbetriebe das böse Erwachen …“ kommt. Er hält das Ganze für eine alarmierende Entwicklung.

Vor allem über die Dimensionen scheinen sich viele der mittleren und kleineren Firmen nicht klar zu sein. Laut eines Experten in der „Welt“ müsse ein Betrieb mit 50 bis 100 Mitarbeitern derzeit etwa 5 Millionen Euro Pensionsrückstellungen gespart haben. Wenn der Durchschnittszins weiter sinkt, steigt natürlich der anzusparende Betrag. Da muss der unternehmerische Jahresgewinn schon sehr hoch ausfallen, um das zu schaffen. Ob die Unternehmen da noch Geld für neue Investitionen, Gehaltserhöhungen oder Neueinstellungen haben, bleibt stark anzuzweifeln. Und bemerkt ein Unternehmer erst jetzt, dass es fünf vor Zwölf ist, gibt’s ein mehr als böses Erwachen.

Den Strumpfhersteller Kunert hat es bereits erwischt. Wegen der Pensionsverpflichtungen musste er Insolvenz anmelden, weil die ohnehin bereits reduzierte Belegschaft nicht mehr in der Lage war, die Mittel für die Betriebsrenten zu erarbeiten.

Auf wessen Rücken dieser Gewinndruck ausgefochten wird, ist unschwer zu erraten. Oder können Sie sich vorstellen, dass die Firmenbosse auf etwas verzichten? Vielmehr wird die Angst vor Entlassungen aus Spargründen immer mehr geschürt. Zudem steigt der Druck auf die verbleibenden Mitarbeiter, teilweise illusorische Gewinne zu erwirtschaften, um den betrieblichen Rententopf zu füllen. Klappt das nicht, geht die Firma Pleite und die Menschen sitzen auf der Straße.

Auch die Beteuerung, dass die Betriebsrenten sicher seien, hilft nicht wirklich. Zwar werden die Beiträge insolventer Firmen vom Pensionssicherungsverein übernommen. Doch wie hoch diese ausfallen, steht in den Sternen. Denn bei der Auszahlung einer Betriebsrente werden die Mitarbeiter nicht an den Überschüssen beteiligt und können so bis zu 50 % ihrer Betriebsrente einbüßen.

Zwei-Klassen-Gesellschaft und Risiko bei den Mitarbeitern

Vor allem junge Leute können kaum noch auf eine lohnende Betriebsrente hoffen. Damit fällt für sie eine weitere Möglichkeit der Altersvorsorge weg. Und das, wo die gesetzliche Rente ohnehin äußerst mager ausfallen wird und Lebensversicherungen ebenfalls kaum noch dazu taugen, sich finanziell abzusichern.

Vielen neuen Mitarbeitern wird von vornherein eine niedrigere Pensionszusage gemacht. Das führt zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Die „alten“ Mitarbeiter bekommen die höhere Betriebsrente aus besseren Zeiten und die Jungen gucken in die Röhre. Ihnen wird nur noch selten eine feste Altersversorgung garantiert. Beispielsweise wird bei Siemens und bei der Deutschen Bank der Garantiezins von Lebensversicherungen bei der Verzinsung herangezogen, der mickrige 1,25 Prozent beträgt.

Die Firma Heideldruck geht laut „Welt“ sogar noch weiter: Neue Mitarbeiter erhalten seit 2006 keine lebenslang garantierte Rente mehr. Vielmehr überweist die Firma einen bestimmten Betrag an eine Versicherung. Damit wird das gesamte Risiko auf die Angestellten abgewälzt. Es bleibt nämlich völlig unklar, ob und wieviel im Alter tatsächlich ausgezahlt wird.

Andere sinnvolle Lösungen gibt es kaum, um die Betriebsrente zu retten. Die Unternehmen können nur ranklotzen und gleichzeitig sparen, um die gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen für die Betriebsrenten bilden zu können. Auf Dauer wird dies für viele immer schwieriger bis unmöglich werden. So wird wohl der Reiz für die Betriebsrente künftig sowohl für Firmen und als auch für Mitarbeiter künftig ganz wegfallen. Eine gute Idee, die eine Brücke zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern schlagen sollte, wird somit zu Grabe getragen.

 

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