Uwe Redler
Redakteur
Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist nicht nur für Angestellte, sondern auch für Selbstständige und Freiberufler von groß er Wichtigkeit. Schließ lich sichert diese Versicherung vor den finanziellen Risiken einer Berufsunfähigkeit ab.
Doch freiberuflich Tätige sowie Selbstständige scheuen oft den Abschluss einer solchen Versicherung. Nicht unbedingt aufgrund der Kosten, sondern weil Sie aufgrund der Umorganisationsklausel die Verweigerung von Leistungen oder gar Gerichtsprozesse fürchten. Leider war es in der Tat so, dass so manche Streitigkeiten aufgrund der Umorganisationsklausel und ihrer Zumutbarkeit vor Gericht gelandet sind.
Geht der BU-Leistungsantrag eines Freiberuflers oder Selbstständigen bei der Versicherung ein, prüft diese als Erstes, ob durch eine Umorganisation von Arbeitsabläufen der Selbstständige bzw. Freiberufler seinen Beruf weiterhin ausüben kann. Rechtliche Grundsätze muss das Versicherungsunternehmen dabei berücksichtigen.
In den Versicherungsbedingungen ist dieser Vorgang als Umorganisationsklausel enthalten.
Ein Beispiel:
Eine Berufsunfähigkeit ist nicht gegeben, sollte es der versicherten Person möglich sein, auch weiterhin in zumutbarer Art und Weise ihrer selbstständigen/freiberuflichen Tätigkeit nachzugehen, wenn eine wirtschaftlich angemessene Umorganisation innerhalb des Betriebs erfolgt ist.
Eine Umorganisation ist dann zumutbar, wenn Sie zum Beispiel
dem Versicherungsnehmer seine Stellung als Betriebsinhaber erhält
keinen erheblichen Kapitaleinsatz erfordert
keine erheblichen Einkommenseinbuß en verursacht
In der Folge kann eine Umorganisation den Grad der Berufsunfähigkeit reduzieren. Dies führt zu geringeren bis hin zu gar keinen BU-Leistungen.
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Die Umorganisationsklausel ist meist so formuliert, dass Sie keine konkreten Angaben enthält. So bleibt der Versicherungsnehmer bei vielen Fragen im Unwissenden.
Beispielsweise:
Ab wann gilt ein Kapitaleinsatz als erheblich?
Bis zu welcher Höhe gelten Einkommenseinbuß en als unerheblich?
Die ungenaue Formulierung und fehlende Definitionen lassen dem Versicherungsunternehmen viel Spielraum und führen so zu oft lang andauernden Gerichtsprozessen. Das Ergebnis? Oftmals ungewiss.
Doch es gibt auch gute Neuigkeiten.
So hat zum Beispiel das OLG Hamm (Urteil vom 26.09.2012, AZ. I-20 U 23/12) entschieden, dass eine Umorganisation bei Kleinbetrieben in Form von Einstellung von adäquatem Ersatz nennenswerte wirtschaftliche Nachteile mit sich bringt und aus diesem Grund unzumutbar ist.
Um nicht erst die Entscheidung eines Gerichts abwarten zu müssen, empfiehlt es sich bereits bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung auf die Umorganisationsklausel und ihre genaue Formulierung zu achten.
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So manche Versicherungsunternehmen verzichten – zumindest unter bestimmten Voraussetzungen – bei ihren aktuellen BU-Tarifen auf die Prüfung der Umorganisation. Hier lassen sich folgende Entwicklungen beobachten.
Verzicht auf Umorganisation bei
weniger als 5 Mitarbeitern
mehr als 20 % Einkommenseinbuß e
Akademikern, deren Tätigkeit mindestens 90 % organisatorisch und kaufmännisch ist
Bei Unternehmen mit weniger als 5 Mitarbeitern
verzichten einige Versicherungen auf eine Prüfung der Umorganisation. Zu beachten ist dabei, dass der Freiberufler bzw. Selbstständige dabei ebenfalls als Betriebsmitarbeiter zählt. Das heiß t, es dürfen nur 3 weitere Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt sein. Dabei ist nicht der Abschluss-Zeitpunkt der BU-Versicherung maß gebend, sondern der Zeitpunkt des BU-Eintritts.
Ist die Einkommenseinbuß e...
bei Umorganisation höher als 20 %, ist gemäß einiger Versicherungsunternehmen eine Umorganisation nicht zumutbar. Als Berechnungsgrundlage dient hier meist der durchschnittliche (steuerliche) Jahresgewinn aus den letzten 3 Jahren.
Akademiker
Verfügt der Selbstständige bzw. Freiberufler über eine erfolgreich abgeschlossene akademische Ausbildung und ist seine Tätigkeit zu mindestens 90 % organisatorisch und kaufmännisch, verzichten einige Versicherer auf eine Umorganisation.
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Fakt ist: werden Leistungen aus der BU-Versicherung beantragt, muss die Berufsunfähigkeit nachgewiesen werden. Bis die Leistung anerkannt wird, vergeht oft einiges an Zeit, da die Versicherungen auch ihre eigenen Gutachter über den Grad der BU urteilen lassen.
Ein oft gesehenes Problem:
Die private Krankentagegeldversicherung stellt ihre Leistungen ein, da nach ihrer Meinung eine Berufsunfähigkeit vorliegt. Die BU-Versicherungsgesellschaft gibt ihre Leistungen noch nicht frei, da der Grad der Berufsunfähigkeit noch nicht festliegt.
Um hier verbraucherfreundlicher zu werden, wurde bei vielen BU-Versicherungsunternehmen eine sogenannte AU-Klausel, also eine Arbeitsunfähigkeitsklausel eingefügt. Demnach leistet die Versicherung bereits dann in Höhe der vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente, wenn der Versicherungsnehmer sechs Monate ununterbrochen arbeitsunfähig ist. Die Leistungsdauer der AU-Leistungen ist zeitlich auf bis zu 36 Monate beschränkt.
Doch Achtung! Bei den erforderlichen Nachweisen der ununterbrochenen 6-monatigen Arbeitsunfähigkeit gibt es etwas zu beachten.
Manche Versicherungsgesellschaften fordern von ihren Versicherungsnehmern in diesem Fall ärztliche Bescheinigungen gemäß § 5 EntgFG (Entgeltfortzahlungsgesetz).
Das Problem: das EntgFG bezieht sich ausschließ lich auf Arbeitnehmer.
Die Folge: Kommt es zum Leistungsfall, kann die Versicherungsgesellschaft argumentieren, dass die Arbeitsunfähigkeitsklausel lediglich für Arbeitnehmer gültig ist. Selbstständige und Freiberufler gehen dann in diesem Falle leer aus.
Doch nicht jeder Versicherer legt Wert auf solche Fallstricke. So legen manche Versicherungsgesellschaften in ihren Versicherungsbedingungen fest, dass die Nachweise der Arbeitsunfähigkeit zwar in ihrer Form dem § 5 EntgFG entsprechen müssen, bei Selbstständigen und Freiberuflern hingegen ein ärztliches Attest ausreichend ist.
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Haben Freiberufler und Selbstständige eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit AU-Klausel sowie eine Krankentagegeldversicherung (KTG) abgeschlossen, müssen gegebenenfalls die Versicherungsbedingungen der KTG-Versicherung beachtet werden. Darin aufgeführt sind oftmals wichtige Obliegenheiten. Eine davon betrifft sowohl den Neuabschluss wie auch die Erhöhung einer weiteren Versicherung, bei welcher ein Anspruch auf Krankentagegeld besteht.
Gemäß den Versicherungsbedingungen mancher Gesellschaften darf eine solche weitere Versicherung nur mit Einwilligung des ersten KTG-Versicherers abgeschlossen werden. Zudem findet sich in den Versicherungsbedingungen oftmals eine Begrenzung des Krankentagegelds in seiner Höhe (gemeinsam mit sonstigen Kranken- und Krankentagegeldern) auf das kalendertäglich umgerechnete Nettoeinkommen.
Wie kommt es zu diesem Problem?
Aufgrund einer fehlenden abschließ enden Rechtsprechung ist es derzeit noch strittig, ob AU-Leistungen aus BU-Versicherungen als sonstige Kranken- und Krankentagegelder gelten.
… Ihren KTG-Versicherer von dem geplanten Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit AU-Klausel zu informieren. Dabei kann zugleich geklärt werden, ob der KTG-Versicherer die AU-Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung als sonstiges Krankengeld oder sonstiges Krankentagegeld ansieht.
Ist der Freiberufler oder Selbstständige freiwillig gesetzlich krankenversichert und verfügt über keine private KTG-Versicherung, muss er bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit AU-Klausel nichts beachten.
Geht es um die Berufsunfähigkeitsversicherung gilt es einiges zu beachten. Für Selbstständige und Freiberufler zählt eine verbraucherfreundliche Umorganisationsklausel definitiv dazu.
Wir beraten Sie gerne zu diesem Thema und helfen Ihnen, eine für Sie passende Berufsunfähigkeitsversicherung zu finden.
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